Offizielle Webseite des Bund Deutscher Radfahrer e.V.
Sabine Spitz (Mitte) gewann die Marathon-DM vor Silke Ulrich (li.) und Kim Anika Ames. Foto: Erhard Goller
17.06.2018 12:46
20. Meister-Titel für Sabine Spitz - Schelb erstmals Deutscher Marathon-Meister

Kirchzarten (rad-net) - Sabine Spitz und Julian Schelb sind die neuen Deutschen Meister in der Marathon-Disziplin. In Kirchzarten holte sich über die 80 Kilometer bei den Damen Olympiasiegerin Sabine Spitz ihren insgesamt 20. Deutschen Meister-Titel 18 Sekunden vor Titelverteidigerin Silke Ulrich und 1:56 Minuten vor Kim Anika Ames. Bei den Herren gewann Schelb über 114 Kilometer ein enges Duell mit Markus Kaufmann. Bronze ging an Simon Stiebjahn.

Im ersten, rund zehn Kilometer langen Anstieg zum Hinterwaldkopf entstanden bei den Damen eine Konstellation, die am Ende mit entscheidend sein sollte. Elisabeth Brandau und Sabine Spitz rissen eine Lücke, doch die Schönaicher Mitfavoritin hatte sich erkältet und musste Spitz am Ende des Anstiegs ziehen lassen. «Ich habe übernommen und bin dann meinen Rhythmus gefahren», gab Sabine Spitz Einblick in diese frühe Phase. An der ersten Zwischenzeit nach 30 Kilometern hatte die 46-Jährige aus Murg-Niederhof bereits 1:20 Minuten Vorsprung, baute den auf dem nächsten Anstieg nach Bärental auf 1:40 aus - und zehrte danach davon. «Die Beine haben sich zwischendurch komisch angefühlt, da haben sich Krämpfe angenähert. Deshalb habe ich versucht einen anderen Rhythmus zu fahren», erklärte Sabine Spitz.

Das erlaubte Silke Ulrich (Ottobrunn) den Abstand mehr und mehr zu verkürzen. Die letzte Meldung von der Strecke waren noch 13 Sekunden. «Ich habe Sabine vor mir gesehen, vielleicht 15 Sekunden, aber ich wollte in der Abfahrt nicht alles riskieren», so Ulrich, die 2016 und 2017 Gold gewonnen hatte. «Silber ist heute mehr als ich erhofft habe.»

Spitz feierte in 3:15:59 Stunden einen Favoritinnensieg. Es war der 20. Deutsche Meistertitel ihrer Karriere und der Fünfte in der Marathon-Disziplin. Sie hatte 2004 auch den ersten der Geschichte gewonnen, auch in Kirchzarten. «Das fühlt sich gut an», sagte die Südbadenerin mit einem Lächeln.

Bronze ging an die Saarländerin Kim Anika Ames. Die erst 20-Jährige aus Hirzweiler gewann einen Dreikampf um die letzte Medaille, in dem sie sich im Finale an einem kurzen Hügel an Stefanie Dohrn (Essen) «vorbei drückte», wie sie es beschrieb, «und dann Vollgas» gab. Sie holte sie sich mit 1:56 Minuten Rückstand ihre erste Meisterschaftsmedaille, drei Sekunden vor Dohrn. «Ich hatte mich selbst dafür nicht auf der Rechnung», erklärte Ames, «mit einer Medaille habe ich jedenfalls nicht gerechnet.»

Bei den Herren entwickelte sich ein spannendes Rennen. Die Favoriten ließen es lange relativ entspannt angehen. Nach dem oben angesprochenen ersten langen Anstieg lagen mit Simon Stiebjahn (Titisee-Neustadt), Markus Kaufmann (Meckenbeuren) und Vinzent Dorn (Kirchzarten) zwar drei Fahrer vorne, doch die beiden Mitfavoriten Kaufmann und Stiebjahn wollten lieber noch auf ihre Teamkollegen warten.

So kurbelte eine 20-köpfige Spitzengruppe nach 45 Kilometer durch Altglashütten. Auch Simon Stiebjahn war dabei. Das war nicht selbstverständlich, denn Stiebjahn hatte in der Nähe des Titisee einen Hinterrad-Defekt. Sein Teamkollege Simon Schneller half mit einem Hinterrad aus, doch der Vorjahres-Vizemeister musste erst mal rund 40 Sekunden Rückstand wieder schließen. Bis Altglashütten war ihm das gelungen, auch weil vorne verhalten gefahren wurde.

Das sollte sich erst nach etwa 70 Kilometern richtig ändern. Da entstand auf dem Weg nach Todtnau dann eine fünfköpfige Spitzengruppe mit den späteren Medaillengewinnern.

Unterdessen hatten neben Stiebjahn auch seine Teamgenossen, die Ex-Meister Karl Platt (Osthofen) und Tim Böhme (Frankfurt) Plattfuß zu beklagen.

So kletterten neben Schelb, Kaufmann und Stiebjahn auch noch Jochen Käß (Ofterdingen) und Georg Egger (Aichen) den steilen Anstieg nach Aftersteg hinauf. Dort musste der 23-jährige Egger Farbe bekennen und in einem Wiesenanstieg verlor auch Jochen Käß den Kontakt.

Schelb hatte ebenfalls Mühe, konnte aber den Anschluss in der Folge wieder herstellen. Auch Stiebjahn hatte Probleme. Dass er nicht trotzdem noch in den Kampf um den Titel eingreifen konnte, lag auch daran, dass er nach dem Laufrad-Wechsel seinen größten Gang nicht mehr benutzen konnte. Er verkürzte seine 13 Sekunden Rückstand zwar noch auf etwas, doch auf der letzten Flachpassage fehlte ihm eben dieser Gang.

So konnte Julian Schelb im Finale seine fahrtechnischen Fähigkeiten in den Kurven ausspielen und sich einen entscheidenden Vorsprung heraus fahren. Der Münstertäler, der am Freitag schon Bronze im Sprint geholt hatte, gewann in 4:09:00 Stunden mit fünf Sekunden Vorsprung auf Markus Kaufmann und 18 Sekunden vor Simon Stiebjahn. «Ich habe mega gelitten, aber mental habe ich mich von einem zum nächsten Punkt gehangelt und je länger ich dabei war, desto mehr stieg die Motivation», erklärte Schelb. Der U23-Vizeweltmeister von 2013 laboriert seit Jahren an einer Pollen-Allergie, die ihn im Frühjahr nahezu völlig ausbremst und wegen der er auch seine Profi-Karriere auf Eis legte. «Der Titel bedeutet mir unheimlich viel. Die letzten vier, fünf Jahre waren sehr schwer, aber es hat gezeigt, dass der Weg, den wir mit unserem kleinen Team gehen, der richtige ist», kommentierte Schelb.

Markus Kaufmann, der am Berg wohl der stärkste Fahrer war, konnte eine erste Enttäuschung nicht verbergen. Er sorgte oft für Tempo-Arbeit und musste am Ende doch mit Silber vorlieb nehmen. Weil er mit Käß einen Teamkollegen mit vorne hatte, wollten Stiebjahn und Schelb keine Führungsarbeit machen. «Julian ist aber auch echt stark gefahren», zollte Kaufmann seinem Konkurrenten dennoch Anerkennung.

Simon Stiebjahn gratulierte Julian Schelb. «Er hat es verdient. Ich kann unter diesem Umständen mit der Medaille zufrieden sein. Ich war ein paar Mal am Limit, wusste aber, dass ich bergab Lücken wieder schließen kann», so Stiebjahn.

Die Titel bei den Masters gingen an Markus Werner (Stollberg) und Markus Westhäuser (Nattheim). Werner gewann die Wertung in der Masterskategorie 1 in 4:20:01 Stunden mit 1:11 Minuten Vorsprung auf den Bonner Matthias Frohn und 4:11 Minuten vor Tom Ettlich (Bayreuth). In der Kategorie Masters 2-4 hatte Markus Westhäuser in 4:20:01 mit 3:04 Minuten Vorsprung auf den Münsinger Uwe Hardter und 11:29 Minuten vor Stephan Schiele aus Nattheim.

Zurück