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Torte in Regenbogen-Farben: Eros Stangherlin 2013 mit Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin in Florenz. Bild unten: 2006 bei der Rad-WM in Salzburg mit dem italienischen Weltmeister Paolo Bettini (rechts) und Nationaltrainer Franco Ballerini. Fotos: privat
19.09.2014 16:12
BDR reist mit weltmeisterlichem Koch zur WM - Er kochte schon für die Queen

Asiago (rad-net) - Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) überlässt bei den Straßen-Weltmeisterschaften nichts dem Zufall. Im spanischen Ponferrada wird der WM-erfahrene Italiener Eros Stangherlin die deutsche Mannschaft als eigener Koch begleiten.

Wie Weltmeister gestärkt ins Rennen gehen, weiß der 55 Jahre alte Italiener genau. 14 Jahre lang kochte er für die italienische Nationalmannschaft, feierte gleich bei seiner Premiere 1997 in San Sebastian den Titel von Alessandra Cappellotto. Auch bei Paolo Bettinis erstem WM-Gold 2006 in Salzburg kochte Stangherlin weltmeisterlich für den Titelträger.

Nachdem Bettini 2010 als neuer italienischer Nationalcoach sein eigenes Team inklusive Koch installierte, erinnerte sich Stangherlin an seine Kontakte zum BDR. «Ich kannte Udo Sprenger durch einen gemeinsamen Hotelaufenthalt bei einem Bahn-Wettkampf in Dänemark», erzählt Stangherlin im Gespräch mit rad-net. Der BDR-Vizepräsident habe ihm seinerzeit schon angeboten, für die deutsche Mannschaft zu kochen.

So feierte Stangherlin im vergangenen Jahr bei der WM in Florenz schließlich seine Premiere mit dem deutschen Nationalteam. Und durfte auch hier für Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin gleich eine Siegertorte dekoriert mit den Regenbogenfarben auftischen. Zuletzt war er mit dem deutschen Tross bei der Mountainbike-WM in Norwegen im Einsatz, wo er für das leibliche Wohl von rund 50 Fahrern, Trainern und Betreuern sorgte. «Er hat uns hervorragend bekocht», sagt BDR-Sportdirektor Patrick Moster.

Seit 40 Jahren arbeitet Stangherlin als Koch. Wenn er nicht in Sachen Radsport unterwegs ist, arbeitet er in seiner Heimat Asiago in der Provinz Vicenza, wo er im Hotel «Da Barba» die Kelle schwingt. Als 15-Jähriger ging es für den kleinen Eros zunächst in die italienische Kochschule. Wenig später stand er als 20-Jähriger im «Steigenberger Grandotel» in Bonn am Herd. Im Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg zauberte er Köstlichkeiten für Staatsgäste wie Queen Elizabeth II. oder US-Präsident Jimmy Carter.

Königlich müssen seine Gerichte für die Elite des Radsports nicht ausfallen. «Das sind alles einfache Produkte. Pasta und Reis sind wichtig, um viel Kohlenhydrate zu bekommen. Dazu viel Gemüse, auch helles Fleisch von Huhn oder Truthan, aber nicht so viel», beschreibt Stangherlin die wichtigsten Zutaten.

In Spanien wird er von morgens 6 Uhr bis abends spät in der Küche des Teamhotels die Wünsche der Sportler erfüllen. Unterstützt wird er dabei von seiner Freundin, der Kellnerin Besjana Wehapi. Die Produkte kauft das Duo in Spanien frisch vor Ort ein.

Ein Weltmeister-Gericht hat Eros Stangherlin auch schon im Kopf. «Zum Beispiel eine Vorspeise mit Kaviar, danach gute Tortelloni gefüllt mit Kürbis, ein Chateaubriand und als Dessert ein gutes Tiramisu». Die Kandidaten dafür: «Tony Martin. Er wird auch dieses Jahr ganz oben stehen, auf jeden Fall», ist Stangherlin überzeugt. Der Radsport-Experte hofft noch auf einen weiteren Deutschen ganz oben auf dem Podium: «John Degenkolb ist für mich der Favorit. Wenn er das schafft, wäre ich sehr glücklich - obwohl ich Italiener bin», so Stangherlin fröhlich.

Der 55-Jährige hat als Amateur selbst viele Radrennen bestritten und saß bis vor Kurzem noch 20.000 Kilometer pro Jahr im Sattel. «Radsport ist mein Leben. Für ein Fußballteam würde ich nicht kochen», stellt er klar. Wenn es die Zeit zulässt, will er auch in Spanien zwischendurch ein paar Kilometer fahren. Der Nahrungsmittel-Spezialisten, der persönlich auf Mandelkuchen schwört («Die sind sehr energiereich»), hatte mit dem Essen aber nicht immer Glück.

Als 41-Jähriger lag er bei einem Rennen über fast 700 Kilometer von Rom nach Bergamo bis 40 Kilometer vor dem Ziel in Führung. «Aber dann bin ich explodiert. Ich hatte zu wenig gegessen und getrunken. Außerdem waren es zu viel Kilometer und ich war zu mager», so der Koch über seinen wohl schlimmsten Hungerast. Ein ähnliches Trauma will er den deutschen WM-Startern mit seinen Kochkünsten nächste Woche ersparen.

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