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Moritz Milatz will in Rio noch einmal zeigen, dass er es kann. Foto: BDR
13.08.2016 15:10
Go for Rio: Moritz Milatz - «Es ist eine besondere Motivation»

Frankfurt (rad-net) - Moritz Milatz hat es zum dritten Mal geschafft, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Seit nunmehr zehn Jahren gehört er zu den besten deutschen Cross-Country-Spezialisten. Vom Mittelstreckenläufer wurde aus dem Freiburger Quereinsteiger binnen weniger Jahre ein Mountainbiker, der bisweilen zu absoluten Weltklasse-Leistungen fähig ist. 2006 wurde er 24-Jährig in Albstadt erstmals Deutscher Meister. Es folgten vier weitere Deutsche Meisterschaften, mehrere Podiumsplätze bei Weltcuprennen, der Europameister-Titel 2012, WM-Silber im Marathon im gleichen Jahr. 2014 verfehlte der Freiburger in Hafjell (Norwegen) als Vierter nur knapp eine WM-Medaille. Es war das sportlich beste Jahr seiner Karriere und dennoch ging es nahtlos in die schlimmste Phase seiner Laufbahn ein.

Vom BMC Racing Team gab es kein Vertragsangebot mehr, ohne Erklärung und zum Unverständnis Vieler in der Szene. Es war schon spät im Jahr und so fand Milatz kein Profi-Team mehr. So nahm er im Oktober 2014 das Studium der Mikrosystemtechnik wieder auf, das er zehn Jahre zuvor unterbrochen hatte. «Ich muss das ja auch gegenüber meiner Familie rechtfertigen, wenn ich so viel Zeit in den Sport investiere, dass es mehr ist als ein Hobby», erklärte Milatz seine Entscheidung für den Kompromiss. Allerdings machte erst die Elite-Förderung der Sporthilfe den überhaupt möglich. So formulierte Milatz für das Jahr 2015 zwei Ziele. Erstens das Studium voranzutreiben und zweitens mit Unterstützung des Teams Koch Engineering-Müsing von Kollege und (Ex-)Konkurrent Wolfram Kurschat wenigstens einigermaßen am Ball zu bleiben und die Olympia-Norm zu knacken.

Beides ist dem zweifachen Familienvater auch gelungen. Ins Studieren fand er «erstaunlich schnell» wieder hinein und konnte an alle Prüfungen im Winter- und im Sommer-Semester einen Haken dran machen. «Das motiviert, wenn man merkt, dass man es noch kann, auch nach zehn Jahren Pause», sagt Milatz dazu und man könnte meinen, er spricht vom Sport. Da erfüllte er sich sein Minimalziel Olympia-Norm mit Top-20-Resultaten in Albstadt und im Val di Sole. Allerdings war es aus der Sicht von Moritz Milatz trotzdem ein Jahr, das er am liebsten aus seinem sportlichen Gedächtnis streichen würde. Studium, Familie und Sport passten nur in seltenen Phasen gut zusammen. Im August war er beim Kanada-Weltcup mit den Gedanken mehr zuhause bei seiner hochschwangeren Frau und vor dem nächsten flog er zur Geburt nach Hause.

Nach unverhältnismäßig viel Pech und Defekten, war Milatz so frustriert, dass er das Bike am liebsten an den Nagel gehängt hätte. Dass er es nicht tat, daran waren oder sind die Olympischen Spiele in Rio schuld. «Es ist eine besondere Motivation an diesem Sport-Ereignis noch mal teilzunehmen», erklärt Milatz. Seine beiden ersten Teilnahmen verliefen nicht besonders glücklich. In Peking war er auf dem Weg zu einem Top-Ten-Resultat und erlitt Defekt. In London stürzte vor ihm ein Konkurrent und Milatz über ihn drüber, mit Folgen für das «Cockpit» seines Bikes. Später hatte er dann auch noch einen Reifendefekt. Deshalb verspürt der bald 34-Jährige auch den Ehrgeiz, diesen Makel in Rio auszubügeln. «Da habe ich noch eine Rechnung offen», sagt Milatz mit einem Schmunzeln. Den olympische Kurs in Rio bezeichnete er im vergangenen Herbst als «geil, aber hart und anspruchsvoll.» Gewiss kein Nachteil für den ruhigen Zeitgenossen.

Im Olympia-Jahr kann er den Aufwand fürs Studium reduzieren. Dennoch ist der Einstieg in die Saison überhaupt nicht geglückt. «Das Training lief gut, aber irgendwie läuft der Motor nur bei 50 Prozent», haderte er nach dem Weltcup-Auftakt. Warum, darüber rätselte Milatz erst einmal selbst. «Vielleicht brauche ich einfach etwas Geduld.» Schon möglich, dass dieses ungewöhnliche Jahr 2015 das Betriebs-System empfindlich gestört hat und der Organismus erst wieder in gewohnte Bahnen gelenkt werden muss. Zuletzt zeigte sich Milatz zumindest im Aufwind.

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