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Christopher Froome (r) und Alberto Contador verblüffen bei der Vuelta. Foto: Javier Lizon
12.09.2014 10:22
Rekonvaleszente verblüffen bei der Vuelta

Salvaterra (dpa) - Der Radsport hat eine neue Teildisziplin, das Rennen um die schnellste Genesung. Wie Alberto Contador und Chris Froome ihre Sturzverletzungen von der Tour de France verkrafteten und nur wenige Wochen später der Spanien-Rundfahrt ihren Stempel aufdrücken, verwundert viele.

Auch ihr spanischer Konkurrent Joaquim Rodriguez konnte es kaum fassen, als Contador bereits bei der zweiten Bergetappe leichten Tritts davonfuhr. «Hier sagt doch niemand die Wahrheit. Von denen, die jetzt bei der Vuelta vorn sind, behaupteten die meisten, gar nicht für die Rundfahrt trainiert zu haben», schnaubte der Katusha-Profi später im Ziel.

Er bezog sich dabei vor allem auf die Tour-Starter Contador, Alejandro Valverde und Froome, die auch am Ende der dritten Woche das Klassement der Vuelta anführen. Contador und Froome hatten die Frankreich-Rundfahrt wegen Stürzen und Knochenbrüchen - das Schienbein beim Spanier, rechte Hand und linkes Handgelenk beim Briten - abgebrochen. Valverde blieb in Frankreich unter Normalform.

Umso machtvoller treten die drei in Spanien auf. Contador erwies sich als absoluter Dominator in den Bergen. Froome startete am Donnerstag einen erfolgreichen Generalangriff, verdrängte Valverde vom zweiten Platz und jagte dem Spitzenreiter Angst ein. Der fast zerbrechlich wirkende Brite hat noch große Hoffnungen auf den gefürchteten Anstieg zum Puerto de Ancares am Samstag.

«Die Vuelta ist noch nicht entschieden. Ich werde alles geben», kündigte er an. Zum Start hatte Froome seine Ziele noch so formuliert: «Der Hauptgrund ist, dass ich in diesem Jahr wenigstens eine große Rundfahrt in den Beinen haben will. Ich möchte die Vuelta nicht kleinreden, aber ich nutze sie, um physisch und mental für die nächste Saison bereit zu sein.»

Selbst in seiner Heimat löst die rasche Heilung des Schienbeinbruchs bei Contador Verblüffung aus. Vom «Wunder der Dreifaltigkeit» schrieb die Madrider Tageszeitung «El Pais», für die Contador gewöhnlich selbst Heiligenstatus einnimmt.

Sechs Wochen muss gewöhnlich gewartet werden, bis ein solcher Bruch so zusammengewachsen ist, dass das Bein wieder belastet werden kann. Contador selbst schloss im Juli noch kategorisch einen Vuelta-Start aus. Neuere bioaktive Implantate können nach Forschungen der Unfallchirurgie der Uni Heidelberg bereits das Zusammenwachsen nach vier Wochen bewirken. Contador lobte seine Ärzte denn auch für avantgardistische Therapiemethoden.

Sie müssen allerdings exzellent sein. Denn der Spanier wurde bereits zwei Wochen nach seinem Sturz von Radamateuren beobachtet, wie er mit schnellem Tritt die Berge in der Nähe seines Wohnorts Lugano erklomm. Drei Wochen nach dem Sturz kündigte er seinen ersten Trainingstag auf dem Rad an. Warum er und seine Sprecher die eine mutmaßliche Trainingswoche unterschlugen, macht die Geschichte noch mysteriöser.

In der spanischen Öffentlichkeit setzt angesichts der Leistungen des nationalen Radhelden nun ein Bewertungsumschwung ein. Das Sportblatt «Marca» lobte seine «hohe Schmerzschwelle, die Leidensfähigkeit und die Professionalität». Titel der Kolumne: «Aus anderem Stoff».

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