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Christopher Froome will mit dem Tour-Aus von Bradley Wiggins nichts zu tun haben. Foto: Kiyoshi Ota
03.07.2014 18:01
Tour unter englischer Flagge - Froome fürchtet Contador

Leeds (dpa) - Der Tour-Start in Leeds, der Topfavorit ein Brite, und auch das erste Gelbe Trikot winkt den Stars der neuen Radsport-Großmacht von der Insel: Wenn am Samstag der Startschuss für die 101. Tour de France fällt, ist alles für die nächste Radsport-Party in England bereitet.

Die ersten drei Etappen durch die Yorkshire-Region und der Showdown vor dem Buckingham Palace in London dürften vor mehreren Millionen Zuschauern zur großen Jubelshow von Titelverteidiger und Topfavorit Chris Froome werden. Für die ersten Etappensiege will der alles andere als bescheidene britische Ex-Weltmeister Mark Cavendish sorgen und sich dabei nicht noch einmal wie 2013 vom deutschen Rivalen Marcel Kittel die Show stehlen lassen.

«Wir haben wahrscheinlich das stärkste Team im Feld und ich bin in der Verfassung, in der ich sein sollte», äußerte sich Froome zuversichtlich, glaubt aber nicht an einen Alleingang wie im Vorjahr: «Ich bin nicht der klare Favorit und Alberto Contador ist nicht der Außenseiter.» Speziell der zweimalige Toursieger aus Spanien, der mit seinen Kollegen stilvoll im Privatjet des Team-Sponsors Oleg Tinkow nach Leeds angereist ist, präsentierte sich in dieser Saison fast schon so stark wie vor seiner Dopingsperre, die 2012 auslief.

Froome hatte «einige Herausforderungen» im Vorfeld der Rundfahrt zu bewältigen. «Mein Leben hat sich als Tour-Champion geändert. Dazu hatte ich mehr Probleme mit Krankheiten und Stürzen», ergänzte der 29-Jährige und erinnert an seinen Crash beim Critérium du Dauphiné, als er Verletzungen am Ellenbogen, Knie, und an der Hüfte erlitt. «Eine offene Tour» mit «mehreren großen Champions» sei es, sagt Froome und spricht auch Vincenzo Nibali an, der Girosieger von 2013 kehrt nach einem Jahr Tour-Pause zurück.

Dazu musste Froome noch unangenehme Fragen wegen einer medizinischen Sondergenehmigung beantworten, die ihm zuletzt die Benutzung eines kortekoidhaltigen Sprays erlaubte. Das Thema Doping - seit Jahren ohnehin ein ständiger Begleiter der Branche - könnte auch diesmal wieder für Unruhe sorgen. Die Schlagzeilendichte ist jüngst durch die Dopingfälle von Daryl Impey und Diego Ulissi und den Verdacht gegen Roman Kreuziger aus dem Contador-Team jedenfalls erhöht worden.

Der großen Radsport-Begeisterung in England kann dies keinen Abbruch tun. Volksfeststimmung wird an den drei Tagen erwartet, so wie bei den Olympischen Spielen 2012 in London. «Das wird gigantisch», prophezeit Kittel. Sogar die Schafe müssen für die neue Boom-Sportart herhalten. Mitunter haben Bauern ihre Vierbeiner entsprechend der Tour-Trikots gefärbt. Und die Engländer können sich nach dem schmachvollen Aus der Fußballer bei der WM und dem Scheitern von Tennisstar Andy Murray in Wimbledon ganz auf ihren zweiten Grand Départ nach 2007 (London) konzentrieren.

Dabei ist der Auslöser des britischen Radsport-Hypes gar nicht dabei. Für Sir Bradley Wiggins, der Tour- und Olympiasieger von 2012, ist kein Platz mehr im Sky-Team, wofür sich Froome rechtfertigen musste. «Um eines mal klarzustellen. Ich habe keine Rolle bei der Selektion gespielt», sagte der Brite, der mit Wiggins nie auf einer Wellenlänge lag.

Auf den 3663,5 Kilometern bis Paris müssen die Favoriten bereits an den ersten Tagen höllisch aufpassen. Das zweite Teilstück führt durch enge Straßen und über giftige Anstiege nach Leeds. Ähnlich knifflig wird es an Tag fünf mit der Arenberg-Etappe und den gut 15 Kilometern an Kopfsteinpflasterpassagen. Entschieden wird die Rundfahrt wohl in den Pyrenäen mit den Bergankünften in Pla d'Adet und Hautacam.

Diesbezüglich dürfte die deutsche Zehn-Mann-Fraktion keine Rolle spielen, trotzdem wollen sie wie im Vorjahr wieder für Furore sorgen. Sechs Etappensiege waren es anno 2013, vier davon holte Kittel. «Ich habe die Messlatte sehr hoch gelegt», sagt der Sympathieträger. Aber auch der deutsche Doppelmeister André Greipel und Tony Martin wollen wieder zuschlagen. Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister muss aber bis zum vorletzten Tag auf seine Spezialdisziplin warten - oder er probiert es gleich zum Auftakt mit einem Alleingang, wenn sein Teamkollege Cavendish in der hügeligen Mittelpassage der Etappe schwächeln sollte.

Bereits zum Auftakt fährt Altmeister Jens Voigt in die Geschichtsbücher. Mit seiner 17. Tour-Teilnahme zieht er mit George Hincapie (USA) und Stuart O'Grady (Australien) gleich. Erstmals nach vier Jahren ist mit NetApp-Endura auch wieder ein deutscher Rennstall dabei. Noch ohne große Ambition, was sich nach dem Einstieg des neuen deutschen Sponsors nächstes Jahr ändern könnte. Vielleicht heben dann ja auch die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ihren Bann wieder auf.

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