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Veröffentlicht am
21.02.2022 17:11:07

BDR bezieht Stellung: Sperre von Schallau nicht gerechtfertigt

Frankfurt (rad-net) - Am kommenden Wochenende findet die zweite Auflage der E-Sports-Weltmeisterschaft statt. Nicht am Rennen teilnehmen kann Julia Schallau, nachdem sie von der E-Sports-Kommission von «Zwift», auf deren Plattform die Titelkämpfe ausgetragen werden, gesperrt wurde.

Die Kommission hatte ihre gefahrenen Werte «als zu hoch für eine Frau» eingeschätzt. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) sieht die Sperre nach durchgeführten Leistungstest als ungerechtfertigt und hat versucht, eine Aufhebung der Sperre zu erwirken.

BDR Stellungnahme zur Nicht-Teilnahme von Julia Schallau an der UCI Cycling Esports Weltmeisterschaft 2022 im Wortlaut:


Hintergrund:
Die Cycling Esports Kommission der Plattform Zwift, auf der in dieser Woche die von der UCI ausgeschriebene WM ausgetragen wird, hatte die Athletin Julia Schallau, die vom BDR für die Nationalmannschaft zur Teilnahme an der WM nominiert wurde, im Januar für 6 Monate für sämtliche Wettbewerbe auf der Plattform gesperrt. Die Sperre erfolgte auf Basis einer Bewertung durch die ZWIFT-Kommission, die ihre Werte „als zu hoch für eine Frau“ eingeschätzt hat und den von Ihr daraufhin vorgelegten Leistungstest als nicht ausreichend bewertet hatte.


Der BDR hat der Sportlerin daraufhin angeboten, einen Leistungstest mit ihr durchzuführen, um ihre Werte bei den Rennen auf der ZWIFT-Plattform zu überprüfen. Julia Schallau hat im Rahmen dieser Tests das Leistungsniveau, das sie in den letzten Monaten auf der Smart-Rolle gezeigt hat, bestätigen können.

Auf Basis der wissenschaftlichen Analyse vom Bundestrainer Wissenschaft Clemens Hesse, unter dessen persönlicher Aufsicht und nach dessen Anweisungen sämtliche Tests ausgeführt wurden, widerspricht der BDR der Einschätzung der Zwift Esports Kommission. Der BDR sieht das Leistungsniveau, das Julia Schallau in den letzten Monaten gezeigt hat als bestätigt an. Generell stimmt man auch nicht mit der Einschätzung überein, dass die Leistungen und Leistungssteigerungen außerhalb einer ohne Manipulation erzielbaren weiblichen Leistungsgrenze liegen.

Die Tests haben eindeutig gezeigt, dass die Athletin mit ihrem Stoffwechselprofil und ihrer besonderen Effizienz im stehenden Fahren in der Lage ist, die gezeigten Wattwerte ohne Manipulation oder die Ausnutzung möglicher Mess-/Schätzfehler des verwendeten Equipments zu erzeugen. Trotz dieser vorliegenden Testergebnisse ist es nicht gelungen für Julia Schallau eine Startberechtigung für die Weltmeisterschaft, die am 26. Februar 2022 ausgetragen wird, zu erwirken. Der BDR steht weiterhin im Austausch mit Zwift, um eine Aufhebung der aus Sicht des BDR ungerechtfertigten Sperre zu erwirken.

Details zu den durchgeführten Tests:
Es wurden zwei Tests zur Bewegungseffizienz bei unterschiedlichen Leistungsstufen und in verschiedenen Fahrpositionen inklusive Ergospirometrie, Laktat- und Blutzucker-Messungen auf einem SRM-Ergometer, ein Rampentest inkl. Spiroergometrie zur Bestimmung des VO2max, Laktat- und Blutzuckertests zur Bestimmung der VLamax und eine Bestimmung des Körpergewichts inkl. Körperfettanteil ausgeführt.

Die Ergebnisse der Tests auf Basis der Leistungsdaten des SRM-Ergometers wurden genutzt um ein metabolisches Profil zu bestimmen und die Messgenauigkeit der verwendeten Wattmesspedale zu überprüfen. Es wurde ein Sauerstoffverbrauch pro Watt in Höhe von 9,68 ml in stehender Position ermittelt, was einer um 9% höheren Performance gegenüber Leistungen in sitzender Position entspricht. In Kombination mit der ermittelten VO2max und VLamax ergab die Modellierung unter anderem eine maximale 20min - Leistung von 341w (6,2 W/kg – stehend) und 317w (5,8 W/kg – sitzend).

Julia Schallau war an den beiden Testtagen in der Lage, unter Verwendung des Wettkampfequipments (Wahoo Kickr V5 für Widerstand sowie unter Aufsicht kalibrierte und vorher gegen das SRM Ergometer validierte Garmin Vector 3 Pedale als Powerquelle) die auf Basis der SRM- und Spiro-Daten errechnete Leistung von 341w für 20min mit einer Abweichung von nur einem Watt auch praktisch zu erzielen und damit die Berechnungen weiter zu validieren.

Hinweis:
Wie alle Mitglieder des Aufgebots für die UCI Cycling Esports Weltmeisterschaft ist Julia Schallau Mitglied im NADA-Testpool auf RTP-Level (inkl. Aufenthaltsdaten) und wurde im laufenden Jahr bereits getestet.